Rechtspopulismus statt europäischer Einheit?

Die Briten stimmen für den Brexit und Polen droht der Entzug des Stimmrechts in der EU.  Aufgrund des Erstarkens rechter und rechtspopulistischer Parteien in europäischen Ländern werden die Stimmen nach mehr Nationalstaat und der Schließung von Grenzen lauter. Auch das Versagen der europäischen Politik bei der Lösung dringender Fragen, z.B. in der Asylpolitik, trägt zu einer europafeindlichen Stimmung in einigen Ländern bei. Auf der anderen Seite zeigt sich in Umfragen, dass junge Menschen Europa und seine Vorteile schätzen.

Die New York Times hat im Juli eine Übersicht über die Wahlergebnisse rechtsextremer Parteien in Europa [1] veröffentlicht, die weltweit große Beachtung fand. Sie zeigt: Während in Staaten wie Ungarn, Österreich, Frankreich, Dänemark, Polen, der Schweiz, Großbritannien, Tschechien und Schweden rechte Parteien in den letzten 5 Jahren einen Aufwind erfahren haben, sind sie in den Ländern Belgien, Griechenland, Italien und den Niederlanden auf dem absteigenden Ast. In Portugal und Spanien sind nach Auffassung der NYT keine extrem rechten Parteien in den Parlamenten vertreten, in weiteren Ländern ist die Tendenz nicht eindeutig. Also ja, die Rechten in Europa werden stärker, aber im Moment sind sie vor allem lauter statt in der Mehrheit. Außerdem gibt es auch gegensätzliche Trends und selbst in Ländern mit hoher Arbeitslosigkeit, wie Spanien, ist eine starke Rechte nicht die logische Konsequenz. Im Gegenteil ist mit Podemos eine linke Partei stark geworden. Bei den Parlamentswahlen 2015 zog die zwei Jahre alte Partei mit einem Ergebnis von 20,7 % ins Parlament ein.

Anlass zur Sorge bietet neben dem viel diskutieren Brexit der Briten auch Polen. Die im Herbst 2015 an die Regierung gewählte nationalkonservative Partei PiS bricht mit demokratischen und rechtsstaatlichen Prinzipien. Sie hat insbesondere die Unabhängigkeit des Verfassungsgerichtes stark geschwächt. Die EU fordert Nachbesserungen im Gesetz und die Einstellung der von der Vorgängerregierung benannten Richter. Sollte dies nicht passieren, droht die EU Polen mit dem Entzug des Stimmrechts. Das dafür notwendige Verfahren, dass die Verletzung der Rechtsstaatlichkeit feststellen muss, wurde bereits angestrengt. Allerdings müssen die Mitgliedsstaaten der EU einstimmig feststellen, dass eine solche Verletzung vorliegt. Das ebenfalls von rechten Parteien regierte Ungarn solidarisiert sich jedoch mit Polen und hat angekündigt, gegen den Entzug des Stimmrechts für Polen zu stimmen.

Mehr Demokratie für Europa!

Dies macht deutlich: Die starke Position der nationalstaatlichen Regierungen innerhalb der europäischen Institutionen führen dazu, dass es der EU schwerfällt, europäische Werte zu schützen. Dies hat sich auch gezeigt, als es darum ging eine gute Lösung für die Aufnahme von geflüchteten Menschen in den europäischen Ländern zu finden. Es gibt eine demokratische und progressive Mehrheit in Europa – das zeigt auch die Besetzung des europäischen Parlaments. Damit Europa nicht wieder in Nationalstaaten zerfällt, ist es wichtig, die demokratischen Strukturen innerhalb der EU zu stärken und dem EU-Parlament mehr Rechte zu geben. Wer Frieden, Freiheit und Demokratie in Europa stärken will, muss sich prinzipiell für ein Ende des nationalstaatlichen Denkens und Proporzes in den europäischen Institutionen einsetzen.

 

[1] http://www.nytimes.com/interactive/2016/05/22/world/europe/europe-right-wing-austria-hungary.html