Die Universitäten und Hochschulen haben im Rahmen der Krise gute Arbeit geleistet. In guter Zusammenarbeit mit dem hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst wurden schnelle Lösung für die neuen Anforderungen des Onlinesemesters geschaffen.
In der Rede vom 25.06.2020 vor den hessischen Landtag begründet Nina Eisenhardt, warum die nun, zum Ende des Semesters, eingebrachten Anträge der FDP nicht bei den Problemen von Anfang April weiterhelfen und warum diese in die vollkommen falsche Richtung gehen.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrte Damen und Herren,
es ist drei Wochen vor Semesterende. Sehr geehrter Herr Dr. Büger, deshalb zeigt dieser Antrag, den Sie hier vorlegen, doch nur eines: Abends werden die Faulen fleißig.
Das Digitalsemester findet seit zehn Wochen statt. Am 20. April sind die Hochschulen in die Vorlesungszeit gestartet. Deshalb lassen Sie uns einen Blick zurück werfen. Die Hochschulen haben sich logischerweise bereits vor Vorlesungsbeginn für eine Videokonferenzsoftware entschieden. Die Forderung nach einem zentralen System oder einer zentralen Lizenz ist überholt, und sie ist auch nicht hilfreich. Manche Hochschulen haben eigene freie Serverkapazitäten und konnten Open-Source-Systeme aufsetzen. Andere greifen auf externe Dienstleister zurück. Die einen brauchen mehr interaktive Tools für kleinere Gruppen, und andere müssen stabile Streams für mehrere Hundert Leute aufsetzen.
Ich finde, die Hochschulen haben hier in ihrer Autonomie eine große Verantwortung gezeigt. Es ist richtig, dass Sie die Situation in den Studierendenwerken und den Studierendenwohnheimen ansprechen.
Am 1. April habe ich mich mit einem Schreiben an die Wissenschaftsministerin gewandt und auf das Problem von unzureichenden Anbindungen in Studierendenwohnheimen hingewiesen. Das HMWK hat die Studierendenwerke und die Hochschulrechenzentren unterstützt, schnell zu reagieren, indem beispielsweise auch Begrenzungen von Datenvolumina aufgehoben wurden oder direkte Zugänge in das Intranet der Hochschulen geschaffen wurden. In den Wohnheimen, aus denen sich Studierende an mich gewandt haben, konnte eine ausreichende Internetverbindung hergestellt werden, um der Onlinelehre zu folgen. Dafür gilt mein herzlicher Dank den Studierendenwerken und den Hochschulrechenzentren.
Die Forderungen, die Sie in Ihrem Antrag stellen, sind größtenteils nicht falsch. Aber Ihre richtigen Forderungen bleiben hinter dem zurück, was die Landesregierung bereits tut. Informieren Sie sich, was die Hochschulen und das Land in Sachen gemeinsame Datenbanken und Software schon auf den Weg gebracht haben. Schauen Sie einmal, was an Evaluation zum Digitalsemester bereits läuft.
Machen Sie sich schlau, welche Fortbildungsangebote E-Learning-Zentren und hochschuldidaktische Arbeitsstellen haben. Wenn Sie sich mit der Lehre im Digitalsemester befasst hätten, würden Sie nicht schlussfolgern, dass die Pandemie eine fehlende Ausstattung in Seminarräumen gezeigt hat; denn diese standen in den letzten Wochen leer. Statt Digitalmanager für die Hochschulen zu fordern, wüssten Sie, dass der Digitalpakt bereits verbindlich eine Governance-Struktur vorsieht und auch finanziert. Statt strategische Konzepte für digitales Lehren und Lernen zu fordern, wüssten Sie, dass es diese gibt und dass der nächste Schritt ein gemeinsamer Rahmen zur Qualitätssicherung dieser Angebote ist. Wenn Sie der Meinung sind, dass die Mittel des Digitalpakts nicht für 2020 ausreichen, dann reicht es als Haushaltsgesetzgeber nicht, die Landesregierung für die Höhe der bereitgestellten Mittel zu kritisieren. Bitte beziffern Sie dann den Bedarf.
Ich möchte Ihnen einen Blick auf digll-hessen.de empfehlen. Kollege Steinraths hat das Programm
schon vorgestellt. Hier können Sie selbst nachschauen, wie unterschiedlich und wie weit die didaktischen Angebote und die technischen Lösungen an den Hochschulen sind. An der JLU gibt es Web-Based Training, an der Frankfurt University of Applied Science kann man Lehre im Podcast hören, Kassel setzt Peer-Feedback-Verfahren in Moodle ein, und an der THM wird die Produktion von Lernvideos zentral unterstützt.
Das Verbundprojekt „Digital gestütztes Lehren und Lernen in Hessen“ hat auch im Digitalsemester zu einem wichtigen Wissensaustausch unter den Hochschulen beigetragen. Die Darstellung, dass die Hochschulen in der digitalen Lehre noch nicht weit sind, ist schlichtweg falsch. Nur ohne die Pandemie unterliegt es der Freiheit der Lehrenden, selbst zu entscheiden, wie ihre Lehre aussieht.
Herr Dr. Büger, hier hat mich der Anfang Ihrer Rede doch irritiert; denn die Perspektive des Fernstudiums an den Präsenzuniversitäten, die Sie skizziert haben, ist nicht das Ziel, das wir verfolgen. Mich wundert es auch, dass das eine Idee ist, die die FDP hier heute präsentiert hat.
Damit es in der Krise schnell geht, ist es ganz besonders wichtig, zu schauen: Wo braucht man zentrale Lösungen, und was kann dezentral in der Autonomie der Hochschulen erfolgen? – Ganz klar war zentral Geld vom Land gefragt. Deshalb war es die richtige Entscheidung, Mittel aus dem Digitalpakt für zusätzliche Streamingkapazitäten und die Ausstattung von videobasierten Lehrveranstaltungen zur Verfügung zu stellen sowie einen Notfonds für studentisches Arbeitsmaterial einzurichten. Das Land ist damit seiner Verantwortung nachgekommen, die Hochschulen bei dieser großen Herausforderung zu unterstützen.
Die Maßnahmen in der Pandemie können natürlich nur so hilfreich sein wie die Stabilität des Fundaments, auf dem sie aufbauen. In den letzten eineinhalb Jahren haben wir den Hochschulpakt über 11,2 Milliarden € erfolgreich abgeschlossen und das Forschungsprogramm LOEWE erfolgreich weiterentwickelt, damit es in Zukunft von 60 auf 100 Millionen € jährlich anwachsen kann. Wir sind mitten in der Begutachtung für ein KI-Zentrum, und wir haben den Digitalpakt über 112 Millionen € auf den Weg gebracht.
Mit dem Digitalpakt ist die Digitalisierung der Hochschulen ein Schwerpunkt der Hochschulpolitik. Der Digitalpakt legt auch einen wesentlichen Schwerpunkt auf digitale Lehre. Das heißt noch nicht, dass in der digitalen Lehre alles super ist, sondern dass wir sie kontinuierlich weiterentwickeln und dass wir ein gutes Fundament haben – auch das macht der Digitalpakt deutlich. Wir bauen auch etwas aus, aber wir wollen jetzt mit dem Digitalpakt den nächsten Qualitätssprung in der digitalen Lehre und in der Digitalisierung der Hochschulen machen.
Zu den grundsätzlichen Elementen des Digitalpakts hat Herr Steinraths schon einiges gesagt. Ich denke, die Wissenschaftsministerin will auch noch etwas dazu sagen. Deshalb möchte ich zwei politische Ausrichtungen des Pakts hervorheben.
Der Digitalpakt denkt von den Menschen aus, die an den Hochschulen lernen, lehren und arbeiten. Er sieht die Digitalisierung als Mittel für freie Forschung und gute Arbeitsbedingungen und nicht als Selbstzweck. Er setzt auf die Beteiligung der Interessenvertretungen, und er berücksichtigt Aspekte der Gleichstellung, Barrierefreiheit und Diversität.
Liebe FDP, es mag sein, dass Ihnen das nicht gefällt; denn es ist das Gegenteil von „Digitalisierung first. Bedenken second.“ Das ist verantwortungsvolle Digitalisierung.
Zweitens versteht der Digitalpakt Wissen als Teil von Gesellschaft und Demokratie. Deshalb setzt er auf Open Science, Open Access und Open Source. Projekte wie ein gemeinsames Webportal, das den Lehrenden und Studierenden den Zugang zu digitalen Angeboten aller hessischen Hochschulen ermöglicht, sind wichtige Schritte zur Demokratisierung von Wissen. Gemeinsame Forschungsinformationssysteme und Forschungsdatenbanken beflügeln den Austausch auch unter Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Sie sind die Grundlage für gesellschaftlichen Fortschritt durch Wissenschaft und Innovation.
Der Digitalpakt bringt damit die Digitalisierung der Hochschulen und die Zusammenarbeit zwischen den Hochschulen zur Nutzung von Synergien entscheidend voran. Er erhöht die finanziellen Mittel, aber auch die inhaltliche Qualität.
Wenn man den Digitalpakt und den Antrag der FDP am Ende nebeneinanderlegt und vergleicht, muss man feststellen: Die Hessische Landesregierung und die hessischen Hochschulen brauchen keine Nachhilfe in Sachen Digitalisierung von der FDP. – Vielen Dank.