Im August 2019 wurde der INF-Vertrag zwischen der USA und Russland außer Kraft gesetzt. Dieser Vertrag sicherte seit 1988 die Abrüstung aller nuklearer landgestützter Flugkörper mit kürzerer und mittlerer Reichweite in den USA und Russland. Das Ende dieses Vertrages stellt eine Verschlechterung der Sicherheitslage in Europa dar. Ebenso zeigt es auch die steigenden Anspannungen der Beziehungen zwischen der USA und NATO auf der einen und Russland auf der anderen Seite.
Im Landtag wurde am 05.09.2019 über den Umgang mit der Aufkündigung und verschiedener Anträge diskutiert. Nina Eisenhardt plädierte in der Debatte für eine friedliche Zusammenarbeit aller Staaten, eine Abschaffung aller Nuklearwaffen und dem gemeinsamen Ziel der globalen Abrüstung.
Die gesamte Rede im Wortlaut:
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
als Landtag sind unsere Spielräume – bekanntermaßen – in der Außenpolitik begrenzt. Aber natürlich betrifft auch uns in Hessen die Gefahr eines erneuten nuklearen Wettrüstens. Es ist noch keine 50 Jahre her, dass Militärstrategen in Osthessen den Atomkrieg geplant haben. Der Begriff „Fulda Gap“ ist bis heute Synonym für das Schreckensszenario eines nuklear beantworteten Einmarsches der Truppen des Warschauer Pakts an der osthessischen Grenze.
Der INF-Vertrag hat entscheidend dazu beigetragen, dass Europa nicht im atomaren Feuer in Flammen aufgegangen ist. Damit war er ein Garant für Frieden in Europa.
Zum einen war er der erste und bisher einzige Vertrag, der die Abrüstung einer Klasse von Nuklearwaffen, den Mittelstreckenraketen mitsamt Marschflugkörpern, Startvorrichtungen und Infrastruktur, vorgesehen hat und damit auch gezeigt hat, dass Abrüstung praktisch möglich ist.
Zum anderen hat der INF-Vertrag mit gegenseitigen Vor-Ort Inspektionen der nuklearen Anlagen Vertrauen zwischen zwei Atommächten geschaffen, und gezeigt, dass auch das geht. Er ist damit weiterhin ein wichtiges Vorbild für andere atomare Konflikte, die bis heute andauern.
Der INF-Vertrag ist nun leider Teil der Geschichte. Anfang August ist die sechsmonatige Karenzzeit nach Aufkündigung des Vertrags abgelaufen. Die Aufkündigung des INF-Vertrags ist eine reale Verschlechterung der Sicherheitslage in Europa.
Nur 16 Tage nach dem Auslaufen des INF Vertrags hat die USA einen Raketentest durchgeführt, der unter dem Vertrag noch verboten wäre.
Das Ende des INF-Vertrags ist Teil einer Spirale der Eskalation zwischen der USA und NATO auf der einen und Russland auf der anderen Seite. Der NATO-Raketenabwehrschirm, die Aggressionen Russlands und die Annexion der Krim, das neue russische Marschflugkörper-System. Die USA hat in ihrem aktuellen Nuclear Posture Review Strategien für einen sogenannten beschränkten Nuklearkrieg auf dem Balkan angedeutet, während Russland in der Arktis seine Militärbasen aufrüstet. All das ist das Gegenteil dessen, was wir uns für Europa wünschen.
Ich bin Jahrgang 1990. Für mich ist das Wettrüsten der Großmächte eigentlich Geschichte. Dass es jetzt wieder Gegenwart wird, beziehungsweise wie eben geschildert, bereits ist, beunruhigt mich zutiefst.
Die Doomsday-Clock, die Ausdruck dieser Gefahr ist, hat Herr Schaulauske eben schon genannt. Sie steht auf 2 vor 12. Es ist Zeit, diese Uhr zurückzudrehen. Wir brauchen Staaten, die friedlich zusammenarbeiten, gemeinsam anpacken um Lösungen für die Klimakrise, globaler Ungerechtigkeit und Armut zu finden.
Das Internationale Rote Kreuz, die weltweite Kampagne zur Abschaffung von Nuklearwaffen „ICAN“, die letztes Jahr den Friedensnobelpreis gewonnen hat, das Netzwerk von Städten „mayors for peace“, bei dem auch 20 hessische Städte dabei sind, eint eine Forderung: Nuklearwaffen abschaffen.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, diesem Appell wollen wir uns heute anschließen. Denn Ziel von Massenvernichtungswaffen ist immer die Zivilbevölkerung, es sind unsere Städte und unsere Bürgerinnen und Bürger.
Und es ist unsere Aufgabe als Vertreterinnen und Vertreter der Menschen in Hessen, ihnen ihre Sicherheit und körperliche Unversehrtheit zu garantieren. Deshalb bekennen wir uns zum Ziel der globalen Abrüstung.
Wo ein Ziel ist, braucht es auch einen Weg. Der Weg der nuklearen Abrüstung, der bereits beschritten wurde muss weitergegangen werden. In den letzten 10 Jahren wurden vor allem durch bilaterale Verträge zwischen den USA und Russland knapp 9.000 Nuklearwaffen abgerüstet. Es ist wichtig, weiter für Kooperation und Abrüstungsverträge, wie die Atomwaffenkonvention oder den New Start zu werben, um das Ziel einer vollständigen Abrüstung zu erreichen. Denn: nur in einer Welt ohne Nuklearwaffen sind die Menschen in unserem Land sicher sind.
Vielen Dank.